Magazin preview images

Marke

„OK, Boomer – Lass' uns über Marke sprechen.“

Generationswechsel in Familienunternehmen: Wie vererbt man eigentlich Kultur, Leadership und visionäres Denken?

26. Juli 2021

Im Herbst 2019 macht die „OK, Boomer“-Phrase als Meme im Internet die Runde. Dahinter steckt der Generationenkonflikt zwischen Millennials und Baby-Boomern, Vorurteile der älteren gegenüber der jüngeren Generation und die freche, selbstbewusste Antwort darauf. Auseinandersetzungen zwischen jung und alt sind Teil jeder Gesellschaft und prägen oft deren Weiterentwicklung, ob die 68er damals oder heute Fridays for Future. Diese Diskussionen machen auch vor Familien nicht halt. Und dann wird es schnell hitzig. Ist die Familie dann auch noch an der Spitze eines Unternehmens aktiv, in dem langsam aber sicher ein Generationswechsel ansteht, sind Meinungsverschiedenheiten keine Überraschung.

Neue Generation = Alles neu?

Gut ausgebildet, auslandserfahren, digitalaffin und New Work gegenüber aufgeschlossen – die neue Generation von Führungskräften bringt in vielen Fällen die besten Voraussetzungen mit, um Chef zu werden. Sie haben Ideen im Bereich Digitalisierung, für Kooperationen oder der Prozessorganisation. Planen sie auch eine Revolution?

Zu beobachten ist oft etwas Anderes: Großer Respekt für die vorherige Generation, die den aktuellen Erfolg erwirtschaftet hat, sich stetig weiterentwickelt und trotzdem immer treu geblieben ist. Trotzdem lassen sich Diskussionen über die zukünftige Ausrichtung nicht verhindern. Da hilft auch keine jahrelange Einarbeitung zur Führungskraft, denn es gibt Erfolgsfaktoren, die sich nicht so leicht vererben lassen wie Mietverträge und Lieferantenkontakte.

Was soll beispielsweise aus der Kultur, dem Geist, dem Miteinander werden, der zwischen Belegschaft und Führungskräften herrscht? Entscheidend für den Erfolg war über Jahre auch die Art der Führung, die Kultur jeden Tag mitgestaltet: Führung, die motiviert, wertschätzend auftritt, aber auch Ecken und Kanten – kurz Charakter – hat.

Neben fundiertem analytischen und unternehmerischen Handeln ist es wichtig, ein Gespür für die Zukunft zu entwickeln, eine Vision, die klarmacht, wohin die Reise gehen soll. Denn Mitarbeiter wollen sich nicht nur mit dem Unternehmen und seiner Führungsmannschaft, sondern auch mit deren Zielen identifizieren können.

Kodex oder Verfassung als Unternehmenstestament?

Viele prägende Unternehmerpersönlichkeiten versuchen einige der beschriebenen Erfolgsfaktoren zu verschriftlichen, um sie an die nächste Generation weiterzugeben. Was ein Leben lang aus dem Bauch heraus passierte, muss jetzt zu Papier gebracht werden.

Schon etwa 45% der Familienunternehmen in Deutschland haben eine Familienverfassung oder einen
-kodex (Wittener Institut für Familienunternehmen, 2019). Also ein Dokument, das die strategischen, rechtlichen oder finanziellen Grundlagen einer familiären Unternehmung festlegen soll. Zentraler Bestandteil hierbei sind die eigenen Werte, die das richtige Handeln im Sinne der Familie vorgeben sollen. Ein solches Werk ist wichtig und ratsam, auch als Grundlage für einen neuen Gesellschaftsvertrag. Es besteht jedoch die Gefahr, dass ein sehr ausführliches, sachliches und im schlimmsten Fall eher bürokratisches Pamphlet entsteht. Zudem sind die Inhalte oft nur dem Familienkreis bekannt und können so nicht direkt als Informationsmittel für Dritte genutzt werden.

Die Marke – lebendig, transparent und zukunftsweisend

Als Ergänzung zur Familienverfassung ist es deshalb sinnvoll, die eigene Corporate Brand zu profilieren, die besagte Werte anschaulich und emotional auf den Punkt bringt. Sie fasst Learnings aus der Vergangenheit zusammen und dient als Antrieb für die Herausforderungen von morgen. Eine Marke sollte aber nie nur elitäres Führungsinstrument, sondern stets lebendiges Werkzeug für alle engagierten Mitarbeiter sein, die auch nach einem Generationswechsel ihren Beitrag für den Erfolg des Unternehmens leisten möchten. Die Profilierung kann also ein erstes gemeinsames Projekt zwischen Junior und Senior werden und so potenzielle Meinungsverschiedenheiten schon von Anfang an aus dem Weg räumen.

Bereit Boomer?

Holger Lauinger

Strategy Director

Verwandte Themen und Artikel