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Corporate Design

Woran scheitern eigentlich Corporate Designs?

07. Juni 2021

Woran scheitern eigentlich Corporate Designs?

Wenn Sie sich an die Neuerstellung oder Relaunch eines Corporate Designs machen, stehen meist Fragen zur Grafik im Mittelpunkt: Wird es gut aussehen? Gefällt es allen? Wirkt es frisch, neu und dennoch langlebig? Wird es den aktuellen Medien gerecht?

Richtige Gedanken, aber seltsam verengt auf zu wenige Aspekte. Denn erfahrungsgemäß gelingt das Design in den meisten Fällen ganz ordentlich – und trotzdem zerfasern selbst die bestgemeinten CD-Ideen kurz darauf in der Implementierungsphase. Was ist da los?

Wenn man ein gelungenes Corporate Design an der Qualität seiner Umsetzung über die Zeit misst, lässt sich konkret benennen, woran so viele scheitern. Und da reden wir ausnahmsweise einmal nicht über Design.

Ziele

In jeder Unternehmung und jedem Projekt gibt es die inoffiziellen Treiber: Abteilungsdenken, persönliche Karriere-Ziele, Ego-Trips. Oft auch berechtigte Teilziele, die den Anforderungskatalog ergänzen. Um sich aber während des Verlaufs eines CD-Projekts – von der Anbahnung bis zur Implementierung – nicht in Einzelinteressen zu verlieren, bedarf es echten Engagements und guter Kommunikation.

Einzelfall

Ein Corporate Design ist ein System – und somit mehr als eine Ansammlung von Einzelfällen. Aus diesem System heraus den Einzelfall zu generieren ist eine Leistung, die Know-how, Fantasie und Anstrengung erfordert. Und den Willen, nicht aus jedem Einzelfall eine Ausnahme zu machen. Meist wird mehr Anstrengung darauf verwendet, diesen einen Fall als Ausnahmefall zu begründen, als darauf, ihn innerhalb des Systems umzusetzen. Schade eigentlich.

Langeweile

Wie oft steht im Agenturbriefing, in diesem Fall könne man die Corporate Design Richtlinien mal etwas freier interpretieren. Ja, der Marketingabteilung wird das eigene CD gern langweilig. Nein, den Kunden nicht. Sie profitieren von konsistenter Markendarstellung für ihre Kaufentscheidungen, an allen Punkten ihrer Customer Journey.

Inside-out

Viel zu oft spiegeln Corporate Designs vor allem interne Strukturen. Jede Abteilung will ihren eigenen Bildstil, es werden unzählige Farben als Codierung der Verantwortungsbereiche eingeführt. Denn vielen (Mit-)Entscheidern ist die interne Abgrenzung immer noch wichtiger als die klare Differenzierung vom Wettbewerb. Doch letzteres sollte an erster Stelle stehen. Erst dann muss das Design Orientierung innerhalb des eigenen Angebots bieten. Also: Wenn es den Zielgruppen nicht nützt, ist es meist überflüssig. Und manchmal sogar kontraproduktiv.

Des-Integration

CD-Projekte werden gern an den betroffenen Abteilungen vorbei entwickelt. Interne Designer aus der entsprechenden Service-Unit oder – Gott bewahre – den Vertrieb zu integrieren wird gerne vermieden. Vermeintlich steigert das zwar die grafische Qualität des CD-Handbuchs, mindert aber das Engagement, mit dem sich die "Umsetzer" später ans Werk machen. Sorry, "not invented here." So wird jeder Einzelfall zu einer Beweisführung, warum das neue Corporate Design NICHT klappt.

Komplexität

Schönes Design, leider kein funktionierendes System? Komplexität hat immer einen Preis, beim Corporate Design zeigt sich das im Umfang der Style Guides. Neben der Erklärbarkeit eines CDs benötigt man didaktische Fähigkeiten, um ein Regelwerk anschaulich und erlernbar zu machen. Je einfacher, desto intuitiver, und desto mehr kann über Vorlagen gelöst werden.

Kultur

Nach wie vor gilt Peter Druckers Merksatz "Culture eats strategy for breakfast". Corporate Design ist leider "nur" ein strategisches Tool. Wenn die eigene Unternehmenskultur die Durchsetzung nicht befördert, wird Corporate Design nicht passieren. Wenn die Akteure nicht an die Notwendigkeit glauben, wird es nicht passieren. Wenn die Kultur nicht eine gemeinsame ist, wird es nicht passieren.

Fehlende Prozesse

Erfahrungsgemäß sind Prozesse der am meisten vernachlässigte Punkt in der Agentur-Auftraggeber-Kommunikation. Offenbar streitet man lieber über Schriftgrößen und Farbnuancen, aber Qualitätssicherung, Second-opinion-Workflows und Timings können ein Corporate-Design-Dickschiff versenken, bevor es überhaupt aus dem Hafen ausläuft.

Dezentrale Organisation

Insbesondere bei internationalen Matrix-, Netzwerk-, Distributoren- oder Mehrmarken-Organisationen gilt: Wer Corporate Design nicht zentral, sondern an vielen unterschiedlichen Stellen eines Unternehmens umsetzen lässt, kann Vielfalt (gut) und Inkonsistenz (schlecht) erwarten. Insbesondere, wenn Design keine Kernkompetenz der jeweiligen Stelle darstellt. Zu den CD-Richtlinien müssen nun auch Prozesse und Verantwortlichkeiten gelernt werden. Und eingehalten. Von mehr Menschen.

Warum es sich lohnt, mit diesen Stolperfallen im Blick in ein CD-Projekt zu starten? Klar, um nicht zu scheitern – und um die Hindernisse vielleicht sogar in ihr Gegenteil zu verwandeln. Im besten Fall setzt ihre Überwindung nämlich positive Energie frei. Kollateral-Erfolge sozusagen. Und Ihr CD startet mit deutlich gestiegenen Chancen in die Zukunft.

Thomas Schatton

Managing Partner

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